14. Januar 2016
Blattkritik muss brennen

Die Blattkritik ist ja sowas wie ein Mythos der Zeitschriftenkultur, der seinen Anfang nahm mit der berühmten Montags-Blattkritik beim „Spiegel“, bei der die Redaktion mit einem externen Blattkritiker diskutiert. Für mich war Blattkritik immer ein wichtiges Akquise-Instrument für neue Jobs, denn für fast alle meiner Chefredakteursposten wurde ich engagiert, nachdem ich eine Blattkritik gehalten hatte. Insofern liebe ich Blattkritiken. Sie müssen aber engagiert und brillant sein, sie müssen „brennen“. Es gibt nichts langweiligeres als – langweilige Blattkritiken.

Deutschlands bester Blattkritiker ist übrigens Wolf Schneider. Von den drei Blattkritik-Veranstaltungen, die ich mit ihm erleben durfte, habe ich unendlich viel gelernt. Zum Beispiel: Verben vorziehen! Beeindruckt als extrem flapsiger Blattkritiker hat mich Klaus Rainer Röhl, der Chefredakteur von „konkret“ und Ehemann von Ulrike Meinhof. Er meinte zu einer vor vielen Jahren von mir gemachten Jugendzeitschrift, ich solle gefälligst „klotzen, und nicht tüteln…“ – und daran habe ich mich dann eigentlich immer gehalten. Fette Zeilen, klare Ansagen, lieber laut als leise. Heute ist die Blattkritik etwas in Vergessenheit geraten, oder man nimmt sich nicht mehr die Zeit dafür. Online-Medien sind vielleicht zu flüchtig, als dass sich jemand hinsetzen würde, und sie akribisch zu analysieren.

Als ich im  Sommer 2014 bei der „Indiecon“ (Indiemags) zur Blattkritik geladen war, merkte ich, welche Kraft und welche Faszination in dem Format immer noch steckt, gerade für die jüngere Generation von Magazinmachern, die es ja gibt und, dass sich der Versuch lohnt die Blattkritik auch für digitale Medien zu adaptieren. Das haben wir seither beim Blattkritik Salon in fünf sehr unterschiedlichen Veranstaltungen getan und planen für 2016 sechs Abende.

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